Politik

Hamburger Polizei greift freie Advokatur an

Hamburger Polizei gegen Juristen


Gesetz (Quelle: geralt CC0 Public Domain Pixabay)
GDN - Hamburger Polizei greift freie Advokatur an
Mitgliedschaft in bürgerrechtlichem Anwältinnen- und Anwälteverein als “ºGefahr“¹?
Die freie Anwaltswahl ist ein zentrales rechtsstaatliches Prinzip.
Hamburger Polizei greift freie Advokatur an
Mitgliedschaft in bürgerrechtlichem Anwältinnen- und Anwälteverein als “ºGefahr“¹?

Die Hamburger Polizei greift im Rahmen der rechtlichen Auseinandersetzungen um die Proteste gegen den G20-Gipfel die freie Advokatur und damit ein tragendes Prinzip des Rechtsstaates an. In einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertritt die Behörde die Auffassung, die Mitgliedschaft von Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen im RAV sei Indiz für eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit.
Die Polizei hat per Allgemeinverfügung in weiten Teilen der Hansestadt Versammlungen untersagt. Vier ehemalige Jura-Studierende aus Hamburg - früher Mitglieder in der Initiative Hamburger aktive Jura-Student_innen (HAJ) - klagen derzeit gegen das von der Hamburger Polizei erlassene Verbot von Demonstrationen am 7./8. Juli 2017.

Gegen diesen Eilantrag geht nun die Polizei mit einem Angriff auf die freie Anwaltschaft vor: Am 3. Juli 2017 hat die Behörde eine schriftliche Gefahrenprognose vorgelegt, bei der sie ausführt, die Antragstellenden und die genannte Studierendengruppe seien mit dem “ºRepublikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein“¹ (RAV e.V.) verbunden.
Außerdem seien die im Verfahren mandatierten Rechtsanwält_innen Mitglieder im RAV. Daher sei davon auszugehen, dass eine große Anzahl von Personen an Spontanversammlungen teilnehmen werde, so dass auch die Gefahr faktischer Blockaden bestehe.

Zum “ºBeleg“¹ sind diesem Schriftsatz u.a. die Ankündigung einer Veranstaltung angefügt, auf der - organisiert vom RAV und dem HAJ/KSJ - über den »Kampf gegen die Straflosigkeit von Völkerrechtsverbrechen« informiert wurde, sowie Auszüge aus dem RAV-Anwaltsverzeichnis mit den Daten der die Antragsteller vertretenden Rechtsanwält_innen.
Die freie Anwaltswahl ist ein zentrales rechtsstaatliches Prinzip. Mit ihrer Argumentation unterteilt die Hamburger Polizeiführung Rechtsanwält_innen in “ºgenehme“¹ und “ºgefährliche“¹. Die Wahl des Anwalts wird so zur Gefahrenprognose herangezogen. Hierdurch werden Grundregeln des Rechtsschutzes außer Kraft gesetzt.
Dr. Peer Stolle, Rechtsanwalt und Vorstandsvorsitzender des RAV, erklärt dazu: »Das Vorgehen der Hamburger Polizei stellt grundlegende Prinzipien des Rechtsstaats in Frage. Rechtsanwält_innen und renommierte Anwaltsvereine als Gefahr zu definieren, offenbart ein fehlendes Verständnis von rechtsstaatlichen Grundsätzen und für die Aufgabe und Funktion der Anwaltschaft.
Die Argumentation der Hamburger Polizeiführung schließt sich nahtlos an die Missachtung des Gewaltenteilungsprinzips in den vergangenen Tagen an, als sich die Hamburger Polizei über gerichtliche Entscheidungen schlicht hinweggesetzt hat«.

Das Vorgehen der Polizei hat auch deshalb besondere Brisanz, weil unter dem Dach des RAV der Anwaltliche Notdienst während der G20-Proteste organisiert ist. »Der sowieso schon bei polizeilichen Großeinsätzen extrem eingeschränkte Rechtsschutz droht in Hamburg vollends außer Kraft gesetzt zu werden.
Es ist zu befürchten, dass die Hamburger Polizeiführung eine Vertretung durch den Anwaltlichen Notdienst in den Gefangenensammelstellen verhindern will«, so Rechtsanwältin Britta Eder aus Hamburg, die einen der Antragsteller vertritt.

Der RAV ruft alle Demokrat_innen auf, sich an den Protesten und für die Stärkung der Bürgerrechte zu beteiligen. Es darf nicht sein, dass die Stadt Hamburg und die Bundesregierung rechtsstaatliche Grundsätze über Bord werfen und einen faktischen Ausnahmezustand schaffen, um ausländische Staats- und Regierungschefs - darunter Vertreter verschiedener autoritärer Regime - zu hofieren.

weitere Informationen: https://www.rav.de

Für den Artikel ist der Verfasser verantwortlich, dem auch das Urheberrecht obliegt. Redaktionelle Inhalte von GDN können auf anderen Webseiten zitiert werden, wenn das Zitat maximal 5% des Gesamt-Textes ausmacht, als solches gekennzeichnet ist und die Quelle benannt (verlinkt) wird.